Alexander Gerst im Porträt: Erster Deutscher als Kommandant der ISS

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Alexander Gerst ist der elfte Deutsche, der ins All fliegt, der dritte Deutsche, der an Bord der Internationalen Raumstation ISS arbeitet und forscht, und der erste Deutsche, der an Bord der Chef sein wird. Sein sechsmonatiger Aufenthalt auf der ISS beginnt mit der Start vom russischen Kosmodrom Baikonur am 6. Mai 2018. Es wird sein zweiter Aufenthalt auf der ISS.

Alexander Gerst im Portrait

Gerst ist von Haus aus Geophysiker und Vulkanologe. Nach Schule und Zivildienst studierte er in Karlsruhe und im neuseeländischen Wellington Geophysik, um sich dabei auf Vulkanologie zu spezialisieren. Schon während des Studiums zog es ihn in extreme Umgebungen. Er unternahm mehrere Expeditionen, bereiste Neuseeland, Indonesien, Äthiopien und Guatemala, schließlich die Antarktis.

2006 war er Sommerstipendiat des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Von 2004 bis 2009 arbeitete er am Institut für Geophysik der Universität Hamburg und arbeitete dort an der Entwicklung wissenschaftlicher Instrumente für die Vulkanforschung. Im Mai 2010 promovierte er an der Universität Hamburg über den Vulkan Mount Erebus, der in der Antarktis liegt.

Als die europäische Raumfahrtagentur ESA (European Space Agency) 2008 Astronauten suchte, bewarb er sich als einer von 8 407 Bewerbern auf sechs freie Astronautenstellen. Am Ende des Auswahlverfahrens war er tatsächlich unter den wenigen Auserwählten.

Fussball auf der ISS: Alexander Gerst (im schwarzen T-Shirt und Khaki-Hose) sieht sich zusammen mit Steve Swanson und Reid Wiseman ein Spiel der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien an. (#1)

Fussball auf der ISS: Alexander Gerst (im schwarzen T-Shirt und Khaki-Hose) sieht sich zusammen mit Steve Swanson und Reid Wiseman ein Spiel der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien an. (#1)

Alexander Gerst wird Astronaut

Im September 2009 begann dann seine Ausbildung. Die nächsten Jahre wurde er zusammen mit anderen zukünftigen Raumfahrern auf seine Aufgaben im All und die Herausforderungen vom Arbeiten in Schwerelosigkeit und Raumanzug vorbereitet. Am 22. November 2010 schloss er seine Ausbildung ab und wurde von der ESA offiziell zum Astronauten ernannt.

Im folgenden Jahr wählte ihn die ESA für einen Raumflug mit dem US-Astronauten Reid Wiseman und dem russischen Kosmonauten Maxim Surajew aus. Die drei durchliefen gemeinsam das missionsspezifische Training im Sternenstädtchen bei Moskau. Hier wurden schon zu Sowjetzeiten Raumfahrer auf ihre Flüge vorbereitet.

Für ihn sei das härteste an der ganzen Ausbildung der dreimonatige Sprachkurs gewesen, erinnerte sich Gerst im Bayerischen Rundfunk. Denn auf der Internationalen Raumstation ISS spricht man Russisch. „Die Geräte hast du irgendwann im Griff, aber eine Sprache hast du nie zu Ende gelernt“, sagte er. Wenn es um Privates oder Politik ginge, so Gerst weiter, spreche die Crew auch wieder Englisch. Oder ein Mischings aus Englisch und Russisch. Im Mai 2014 startete er zum ersten Mal zur Internationalen Raumstation ISS.

Während seinem Aufenthalt auf der ISS von 2014 fotografierte Alexander Gerst immer wieder die Erde. (#2)

Während seinem Aufenthalt auf der ISS von 2014 fotografierte Alexander Gerst immer wieder die Erde. (#2)

Mission „Blue Dot“ – Alexander Gersts erster Flug zur ISS

Wie er vor seinem Flug dem Bayerischen Rundfunk sagte, erfüllte sich damit ein Kindheitstraum. „Soweit ich mich zurückerinnern kann, hat mich das schon immer fasziniert, Astronaut zu werden. Ich war schon immer neugierig und hatte das Glück, dass ich Eltern und Großeltern hatte, die nie versucht haben, mir diese Neugier auszutreiben.“

Sein Interesse an der Raumfahrt weckte der Großvater. Der war Funkamateur und nutzte den den Mond als Reflektor Funkverbindungen Erde-Mond-Erde.

Damit war er nach Thomas Reiter und Hans Schlegel der dritte Deutsche, der zur Internationalen Raumstation ISS flog. Alexander Gerst arbeitete sechs Monate als Bordingenieur. Die Mission hieß „Blue Dot“ in Anlehnung an ein von der Voyager-Mission aufgenommenes Foto, das die Erde als kleinen blauen Punkt im All zeigt. Den Namen hatte Gerst selbst ausgewählt.

„Von außen sieht man: Die Erde ist nicht nur eine begrenzte Kugel, sie ist auch noch relativ klein. Das Universum besteht vermutlich zu 99,99 Prozent aus schwarzem tödlichen Nichts, und an einer Stelle gibt es diesen blauen Punkt. Das ist unsere Heimat und die ist nicht von einer robusten Atmosphäre umgeben, sondern von einem zarten Schleier, der uns als einziges schützt“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk.

Alexander Gerst bei Außenarbeiten an der Internationalen Raumstation ISS. Der Außeneinsatz am 4. Oktober 2014 dauerte rund sechs Stunden. Zusammen mit Gerst war auch sein NASA-Kollege Reid Wiseman draußen. (#3)

Alexander Gerst bei Außenarbeiten an der Internationalen Raumstation ISS. Der Außeneinsatz am 4. Oktober 2014 dauerte rund sechs Stunden. Zusammen mit Gerst war auch sein NASA-Kollege Reid Wiseman draußen. (#3)

Alexander Gersts Aufgaben: Als Bordingenieur die Experimente betreuen

Als Bordingenieur war er für die wissenschaftlichen Experimente zuständig. Mit seinen Astronauten-Kollegen betreute er in den sechs Monaten seines Aufenthalts rund 160 Experimente. Seine Freizeit nutzte er dafür, Impressionen von der Erde mit seiner Kamera einzufangen und auf ein eigens eingerichtetes Blog zu stellen.

Außerdem begann er auf Twitter (@astro-alex) und einem Blog über seinen Aufenthalt auf der ISS zu schreiben. So konnte eine weltweite und stetig wachsende Fangemeinde seine Erlebnisse fast unmittelbar verfolgen. Das trug zu seiner für die moderne Raumfahrt mittlerweile eher ungewöhnlichen Popularität bei.

Ein erster geplanter Außenbordeinsatz im August 2014 wurde zunächst verschoben, dann für den Oktober wieder angesetzt. Am 7. Oktober gingen Gerst und sein Crewkollege Reid Wiseman außenbords, um eine defekte Kühlpumpe umzulagern und den Greifarm mit einem neuen Kabelsystem auszurüsten. Nach sechs Stunden und 13 Minuten Schlosser-Arbeiten im Weltall kehrten sie wieder ins Innere der Station zurück. Allerdings muss man für diese Außenbordeinsätze mehr als nur die sechs Stunden draußen ansetzen. Moderne Raumanzüge erreichen bei weitem nicht Sternenflotten- oder Perry Rhodan-Standard.

Raumanzug anziehen – für Alexander Gerst eine Dreiviertel Stunde Arbeit

Einfach hineinschlüpfen, Reißverschluss zuziehen und Helm auf – so simpel geht das nicht. Das reine Einsteigen in den Anzug dauert etwa 45 Minuten. Akkuschrauber und anderes Werkzeug kommen zum Einsatz. Dann müssen sich die Astronauten auf des spezielle Luftgemisch des Anzugs vorbereiten und wie ein Taucher ‚voratmen‘. In der Station atmen sie ein Stickstoff/Sauerstoff-Gemisch, im Anzug dagegen 70 Prozent Sauerstoff bei deutlich geringerem Luftdruck. Nach der Rückkehr vom Außeneinsatz läuft die Routine rückwärts ab.

Zudem müssen sich die Astronauten draußen mit Leinen sichern, damit sie nicht von der Station wegtreiben. Das könnte sonst schon dann passieren, wenn sie etwas an der Außenwand der ISS festdrücken wollen. Genauso müssen sie sich beim Arbeiten mit dem Akkuschrauber gut festhalten. Sonst würden sie anfangen, sich entgegen der Schraubrichtung um den Akkuschrauber zu drehen.

Gerst landete zusammen mit Surajew und Wiseman am 10. November 2014 in der kasachischen Steppe. Alexander Gersts nächste Mission heißt „Horizons“ und wird sich mit Robotik, Weltraummedizin und dutzenden anderer Disziplinen beschäftigten, für die sich auf der Internationalen Raumstation ISS ideale Bedingungen zum Experimentieren finden.


Bildnachweis: Titelbild: ©NASA/James Blair via Wikimedia Commons, – #01: ©NASA via Wikimedia Commons., – #02: ©NASA via Wikimedia Commons., – #03: ©NASA via Wikimedia Commons.

Über den Autor

Mein Beruf ist das Schreiben; ich arbeite als freier Journalist, Texter und Buchautor. Das reicht für Leben und Modellbau, also auch für das eigentliche Leben. Beruflich wie als Modellbauer interessiert mich die Luftfahrt, speziell die der großen Luftfahrtländer. Ich baue auch gerne mal etwas, das aus dem Rahmen fällt. Hauptantriebskräfte: Neugier, Kaffee und ein guter Witz.

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