Die ADM-Aeolus-Mission: Wie Wissenschaftler die Windsysteme der Erde erkunden

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ADM-Aeolus: Man mag es im Zeitalter von Hochtechnologie, Wettersatelliten und weltweiter elektronischer Kommunikation kaum glauben, aber über die Windsysteme der Erdatmosphäre wissen die Forscher immer noch sehr wenig. Dafür gibt es zwei Gründe. Einmal werden erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit wissenschaftliche Daten über das Wettergeschehen gesammelt. Zudem spielt sich ein wesentlicher Teil des Wetters über den Meeren, über weitgehend unbewohnten Landstrichen und in Höhen ab, die sich vom Boden nur schwer oder gar nicht beobachten lassen. Und Beobachtungen vom Flugzeug aus sind durch Flugdauer und Wetterverhältnisse beschränkt.

Wohin die Winde wehen

Der „Aeolus“-Satellit soll Windsysteme aus der Erdumlaufbahn erfassen. (#12)

Der „Aeolus“-Satellit soll Windsysteme aus der Erdumlaufbahn erfassen. (#12)

Die europäische Raumfahrtagentur ESA (European Space Agency) will deswegen gegen Ende des Jahres einen speziellen Satelliten ins All schießen, der aus seiner Kreisbahn in 410 Kilometern Höhe die Windsysteme in der irdischen Atmosphäre beobachten soll. „ADM-Aeolus“ wird erstmals ein leistungsstarkes Lasersystem an Bord haben, das mit ultraviolettem Licht die Windströmungen, ihre Richtung und Geschwindigkeit, vermessen soll.

Es ist das erste Mal, dass ein so genanntes Lidar (Light detection and ranging) an Bord eines Satelliten zur Wetterbeobachtung ins All geschickt wird. „ADM“ steht für „Atmospheric Dynamics Mission“. Sie soll nicht nur neue und präzisere Daten über die Windverhältnisse speziell über den Ozeanen und über den Polargebieten liefern, sondern auch die Qualität von Wettervorhersagen verbessern. „Aeolus“ wird der erste Satellit sein, der Windprofile aus dem Orbit erfasst.

Der „Aeolus“-Satellit bei Tests vor dem Transport zum Startgelände in Kourou. (#1)

Der „Aeolus“-Satellit bei Tests vor dem Transport zum Startgelände in Kourou. (#1)

Die „Aeolus“-Sonde wurde von Airbus Defence and Space in Stevenage/Großbritannien gebaut; inzwischen ist das Lasersystem installiert.

Die Sonde traf Ende Januar bei Airbus in Toulouse an, wo sie gründlich für den bevorstehenden Weltraumeinsatz überprüft und vorbereitet wird.

Ins All fliegen wird „Aeolus“ voraussichtlich Ende 2017 an Bord einer „Vega“-Trägerrakete, die von Kourou in Französisch-Guyana starten wird.

Mit Laser-Blitzen tastet der Satellit Windströmungen ab. (#13)

Mit Laser-Blitzen tastet der Satellit Windströmungen ab. (#13)

Kernstück der Sonde ist das „Aladin“-Lasersystem. Es besteht aus zwei Lasern, die ultraviolettes Licht abstrahlen, einem großen Teleskop und empfindlichen optischen Sensoren. Die Laser senden Lichtblitze hinunter in die Atmosphäre. Dort werden sie von Luftmolekülen und kleinen Teilchen wie Staub, Eis, Dampf oder Wassertropfen reflektiert.

Diese Reflektionen zeichnen dann „Aladins“ optische Sensoren auf. Dabei verändern die Bewegungen von Luftmolekülen oder Wassertropfen die Lichtfrequenz. Indem die Instrumente die abweichenden Frequenzen mit der Frequenz des ausgestrahlten Lichts vergleichen, können sie Profile der beobachteten Windsysteme erzeugen.

Ein neuer Laser-Sensor wird entwickelt

Um diese Mission so weit zu bringen, dass tatsächlich eine Trägerrakete mit Satellit an Bord auf die Startrampe gefahren wird, waren jedoch jahrelange Vorarbeiten nötig. Der Startschuss für die Mission fiel bereits Anfang des Jahrhunderts. 1999 wählte die europäische Weltraumagentur ESA die „Aeolus“-Mission aus, um die Wissenslücken über die globalen Windsysteme zu schließen.

Zunächst begann man mit der Entwicklung eines geeigneten Sensors. Hier kamen die Lidar-Spezialisten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ins Spiel. Sie entwickelten zusammen mit Experten des Deutschen Wetterdienstes das „Aladin“-Lasersystem. „Aladin“ steht für „Atmospheric Laser Doppler Instrument“. „Lidar“ steht für „Light Detection and Ranging“, übersetzt etwa „Orten und Entfernungen messen mit Licht“.

Sie flogen gemeinsam: Die „Falcon“ 20 aus Deutschland (vorne) und die DC-8 der NASA. (#2)

Sie flogen gemeinsam: Die „Falcon“ 20 aus Deutschland (vorne) und die DC-8 der NASA. (#2)

Die Arbeit an „Aladin“ begann 2001 mit dem Bau eines Prototypen-Systems, das an Bord eines Flugzeuges erprobt werden konnte. A2D, der „Aladin“-Versuchsträger wurde zunächst 2005 und 2006 am Meteorologischen Observatorium des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Lindenberg auf seine Leistungsfähigkeit hin getestet. Daran schlossen sich Testkampagnen an Bord der Dassault Falcon 20 D-CMET des DLR an, zunächst im November 2007 über Deutschland, dann 2008 und 2009 in der Nordpolarregion bis nach Grönland. Den ersten Flug mit dem A2D-Gerät hatte D-CMET allerdings schon 2005 absolviert, damals, um herauszufinden, ob das LIDAR an Bord eines Flugzeugs betrieben werden kann.

Allerdings zogen sich die weiteren Arbeiten an „Aladin“ und am „Aeolus“-Satelliten wegen finanzieller und technischer Probleme in die Länge. Der Starttermin musste mehrmals verschoben werden. Aber im Sommer 2015 war dann die Zeit für die letzte große Forschungskampagne reif. Sie führte europäische und amerikanische Wissenschaftler einmal mehr in den Hohen Norden.

Forschungsflüge über Grönland

Die „Falcon“ war in Höhen um 12 Kilometer unterwegs. Dort bot sich der Besatzung nicht nur ein spektakulärer Ausblick auf Grönland, sondern man kann in diesen Höhen auch die Erdkrümmung sehen. (#3)

Die „Falcon“ war in Höhen um 12 Kilometer unterwegs. Dort bot sich der Besatzung nicht nur ein spektakulärer Ausblick auf Grönland, sondern man kann in diesen Höhen auch die Erdkrümmung sehen. (#3)

Im Mai 2015 trafen sich europäische und amerikanische Wissenschaftler auf dem isländischen Flughafen Keflavik zu einer einzigartigen Forschungskampagne. Es ging um eine sehr flüchtige, aber sehr mächtige Erscheinung. Winde in Höhen zwischen Normalnull und etwa 30 Kilometern Höhe standen im Brennpunkt des Interesses. Denn über die Winde in diesen Höhen gibt es bisher kaum verlässliche Daten. Sie fehlen nicht nur für die Polargebiete, sondern auch für die Ozeane und die Tropen sowie für weite Teile Afrikas. Aber sie sind wichtig. Nur mit ihnen lassen sich Erscheinungen wie der Klimawandel besser verstehen und das Wettergeschehen besser vorhersagen.

Island und die Südspitze Grönlands sind für diese Art die Forschung ideal. Erstmal weiß man über die Winde in dieser Region immer noch zu wenig. Zudem geht hier ständig eine steife Brise. Außerdem führen die wichtigsten transatlantischen Flugrouten hier vorbei. Daten über Windverhältnisse verbessern also die Wettervorhersagen und machen so den Luftverkehr sicherer. „Die Südspitze von Grönland ist die windigste Ecke der Welt“, sagt Oliver Reitebuch, Senior-Wissenschaftler am Institut für die Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Reitebuch war wissenschaftlicher Leiter der deutschen Flugkampagne.

Grund genug für eine Forschungskampagne mit hohem Materialeinsatz. Zwei Teams mit eigenen Flugzeugen voller Sensortechnik und eine kleine Mannschaft auf dem grönländischen Festland gingen also daran, den Winden ein paar Geheimnisse zu entreißen. Und die Kampagne steht nicht allein. Sie gehört zu langfristigen Vorhaben in Europa und in den USA, mit denen man die Windsysteme der Erde besser verstehen will. Die eigentliche Arbeit sollen dann die drei Satellitenmissionen leisten.

Was die Messflüge leisten sollten

Aber natürlich wollen die Wissenschaftler sicher sein, dass ein teurer Satellit auch korrekte Daten liefert. Und hier liegt der Wert der Messflüge über Grönland und dem Nordatlantik. Die Wissenschaftler brauchen zur Sicherheit Daten aus voneinander unabhängigen Quellen, aber aus den Höhenregionen, die der Satellit später beobachten soll. Die beiden Flugzeuge nahmen also eine Art Gegenprobe. Außerdem befand sich an Bord des deutschen Flugzeugs ein Prototyp des Laserpuls-Instruments, das 2017 ins All geschossen wird.

Den europäischen Teil der Kampagne bestritt überwiegend das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das DLR schickte Wissenschaftler des Instituts für die Physik der Atmosphäre nach Island, außerdem ein mit Sensoren bestücktes Forschungsflugzeug vom Typ Dassault Falcon 20. Und Atmosphärenforscher der britischen Universität Leeds bezogen in einer Station auf dem grönländischen Inlandeis Position. Sie sollten mit einem eigenen Lidar Kontrolldaten für einen Messflug der Falcon 20 über dem grönländischen Inlandeis liefern.

Hier schwebt die DC-8 der NASA zur Landung ein. (#4)

Hier schwebt die DC-8 der NASA zur Landung ein. (#4)

Die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA (National Air and Space Administration) schickte ebenfalls ein Wissenschaftlerteam sowie eine als Sensorplattform ausgerüstete vierstrahlige DC-8.

Die NASA arbeitet seit vielen Jahren mit den Europäern, speziell mit dem DLR zusammen, weil das DLR weltweit in der Lidar-Forschung führend ist. Die deutsche Wissenschaft hat hier einen Vorsprung von acht bis zwölf Jahren.

Aufsetzen! Die „Falcon“ 20 des DLR landet in Keflavik. (#5)

Aufsetzen! Die „Falcon“ 20 des DLR landet in Keflavik. (#5)

Beide Forschungsflugzeuge sind mit je zwei Lidar-Systemen bestückt. Die vier Systeme wurden zum ersten Mal gemeinsam eingesetzt. Lidare eignen sich gut zur Erforschung von atmosphärischen Phänomenen. Auf der Falcon 20 und an Bord der DC-8 der NASA schicken diese Instrumente Laser-Blitze in Wolkenformationen oder in eine Luftströmung. Eine Detektor zeichnet die Lichtreflexe auf. Daraus können die Forscher dann etwa Windgeschwindigkeiten, sowie die Verteilung von Wasserdampf, Ozon oder Aerosolpartikeln ermitteln

Erprobte deutsch-amerikanische Zusammenarbeit

D-CMET startete am 11. Mai vom bayerischen Oberpfaffenhofen aus und flog mit einer Zwischenstation im schottischen Prestwick nach Keflavik auf Island. Zum Team gehörten 13 Ingenieure, Wissenschaftler, Techniker und Piloten, die in Keflavik auf ihre Kollegen von der NASA treffen, die mit ihrer DC-8 bereits vor Ort waren. Die Zusammenarbeit zwischen der NASA, dem DLR und der europäischen Raumfahrtagentur zur Erforschung der Atmosphäre und des Wetters über dem Hohen Norden hat eine lange Tradition. Bereits in den 1990er Jahren führten Wissenschaftler des DLR, der NASA und anderer Institutionen gemeinschaftliche Projekte durch.

DLR-Wissenschaftler Oliver Reitebuch in der Kabine der „Falcon“ 20 mit dem „Aladin“-Lidar – das ist der schräg eingebaute Zylinder im Vordergrund. (#6)

DLR-Wissenschaftler Oliver Reitebuch in der Kabine der „Falcon“ 20 mit dem „Aladin“-Lidar – das ist der schräg eingebaute Zylinder im Vordergrund. (#6)

Keflavik ist der internationale Flughafen von Reykjavik und diente für die 18 Tage dauernde Forschungskampagne als Basis. Auch an Bord der DC-8 sind zwei Lidare. Wie die Dassault „Falcon“ des DLR ist die amerikanische Maschine seit vielen Jahren als Sensorplattform für die Atmosphärenforschung im Einsatz. Der NASA-Einsatz über Grönland firmierte als „Polar Winds“. Die Teams beider Länder kannten sich zum Teil schon von früheren Missionen, etwa gemeinsamen Flügen zur Untersuchung der Vulkanasche, die ein isländischer Vulkan Anfang dieses Jahrhunderts in die Luft geschleudert und so den Luftverkehr über dem Nordatlantik weitgehend lahm gelegt hatte.

Forschungs-Jets in Formation

NASA-Wissenschaftler Dave Emitt leitete den NASA-Teil der Kampagne. (#7)

NASA-Wissenschaftler Dave Emitt leitete den NASA-Teil der Kampagne. (#7)

Die von Keflavik ausgehende Kampagne dauerte insgesamt zwei Wochen. Die beiden Jets flogen meist in Formation an der grönländischen Küste entlang, entweder zur Südspitze oder in der Gegenrichtung gen Norden. Hinzu kamen Messflüge in Richtung schottischer und grönländischer Küste. Die Falcon flog Kreise in 20 Grad Schräglage, konnte dadurch aber keine vollständigen Windprofile erfassen. Die fehlenden Daten lieferten die beiden Laserpuls-Systeme auf der DC-8, die dem deutschen Flugzeug in einigem Abstand folgte: „Am Anfang wurde in ziemlich enger Formation geflogen“, sagt NASA-Missionsleiter Dave Emmit, „Die DC-8 flog nur etwa 330 Meter unter der Falcon und nur ein paar hundert Meter hinter ihr.“

Später vergrößerten die Flieger den Abstand auf mehrere Kilometer. Außerdem warf die DC-8 Sonden ab, die Wind, Temperatur und Feuchtigkeit maßen. Die verschiedenen Sensoren und Messweisen dienten dazu, Fehler eines einzelnen Geräts so gut wie möglich auszuschließen.

Britische Wissenschaftler nutzten die „Summit“-Station am höchsten Punkt Grönlands als Basis und führten Messungen durch, während die Falcon“ des DLR über ihnen kreiste. (#8)

Britische Wissenschaftler nutzten die „Summit“-Station am höchsten Punkt Grönlands als Basis und führten Messungen durch, während die Falcon“ des DLR über ihnen kreiste. (#8)

Das Ziel war, Vergleichswerte zu sammeln, mit denen dann der Laser-Sensor des Satelliten erprobt werden kann. „Man versucht, vor dem Start am Boden oder aus der Luft dieselben Parameter zu messen, um die Datenqualität des Satelliten zu prüfen“, sagt Oliver Reitebuch. Und um die Daten des Sensor-Prototypen an Bord der „Falcon 20“ zu prüfen, flogen die drei anderen Lidare mit. „So kann man vor dem Start die bestmöglichen Auswerteverfahren entwickeln“, so Reitebuch weiter. „Das ist der Ansatz, um Satellitenmissionen mit neuer Technologie vorzubereiten, bei denen Erfahrungen aus früheren Missionen fehlen“, erklärt er.

Für das deutsche Falcon-Team bot die Kampagne ein besonderes Highlight. Am 21. Mai, gegen 22.30 Uhr, startete die Falcon 20 des DLR zu einem mehrstündigen Flug zum höchsten Punkt Grönlands. Der liegt auf dem größten Festland-Eisschild der Welt in etwa 3200 Metern Höhe über dem Meeresspiegel. Dort warteten in einer amerikanischen „Summit“-Station britische Forscher mit einem Boden-Lidar.

Start mit Hindernissen

Aber vor dem Start gab es plötzlich Schwierigkeiten. Die Mission wurde zwei Tage lang minutiös vorbereitet. Von zentraler Wichtigkeit neben dem Wetter: Der Treibstoff. D-CMET musste von Keflavik aus die zwischen Island und Grönland gelegene Dänemark-Straße überfliegen und dann Richtung Norden weiter ins Landesinnere vorstoßen. Der Treibstoff reichte für zwei Überflüge und zwei Umkreisungen, dann würde die Maschine umkehren müssen.

Die Besatzung plante den Start für 22 Uhr abends am 21. Mai 2015. Allerdings stellten sich unerwartet Probleme ein. Gegen 19.00 Uhr schaltete ein Techniker die Stromversorgung der „Falcon“ ein. Das Flugzeug stand in einem klimatisierten Hangar, um die empfindlichen Instrumente vor der Kälte draußen zu schützen. Dort herrschten um diese Jahreszeit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Erst lief alles reibungslos, aber dann machte die Kamera an einem der Lidare Schwierigkeiten. Sie löste nicht mehr richtig aus. Also mussten die Techniker das System herunterfahren, neu starten, testen und hoffen, dass es doch noch klappt. Nach einer Stunde Arbeit funktionierte das Lidar wieder, aber nun ging das Hangartor nicht richtig auf. Nach zwei Metern war Schluss – eine Sicherung hatte den Geist aufgegeben.

Nun war guter Rat teuer, denn rückwärts ging es auch nicht. Der Hangar hatte zwar auch ein Tor an der Rückseite, aber dort stand ein Airbus A320 der isländischen Fluglinie WOW-Air im Weg. Zum Glück erreichte das Team noch jemanden im Büro der Fluggesellschaft. Dort half man gerne und wollte den Airbus kurz nach draußen ziehen. Nun fehlte der passende Schlepper. Der war aber gerade in einem anderen Teil des Flughafens im Einsatz und konnte erst mit Verspätung helfen. Außerdem musste D-CMET auf engstem Raum gedreht werden, denn die Nase zeigte natürlich in die falsche Richtung.

Kreisen über dem höchsten Punkt Grönlands

Blick aus der amerikanischen DC-8 auf die grönländische Gletscherlandschaft. (#10)

Blick aus der amerikanischen DC-8 auf die grönländische Gletscherlandschaft. (#10)

Um 22.30 Uhr war es dann doch soweit. Die „Falcon“ hatte getankt und startete mit einer halben Stunde Verspätung zu ihrem Flug in Richtung Grönland.

Im Schein der Mitternachtssonne führte der Flug von Island über die Dänemarkstraße zur grönländischen Küste und dann weiter landeinwärts. Eine Stunde später überflog sie die Ostküste der Insel, überflog das küstennahe Gebirge und erreichte kurz nach Mitternacht ihr Ziel – die amerikanisch-britische „Summit“-Station.

Die „Falcon“-Besatzung funkte die Flugsicherung an und bat um Erlaubnis zum Kreisen: „Request to circle overhead summit camp for 15 minutes at flightlevel 360“.

Die Kurse der beiden Flugzeuge auf ihren Messflügen. (#11)

Die Kurse der beiden Flugzeuge auf ihren Messflügen. (#11)

Der Fluglotse gab sein Okay, und die Piloten legten das Flugzeug in den ersten von zwei Vollkreisen. D-CMET kreiste mit einer Neigung von 20 Grad, damit die schräg eingebauten Lidare senkrecht nach unten pulsen konnten. Das britische Team schickte nun selbst Laserpulse in den Himmel und ließ Ballonsonden mit Messgeräten aufsteigen. Ihre Daten dienen zur Überprüfung der Messwerte aus der Falcon. So bekamen die Forscher in der „Falcon“ sehr exakte Vergleichsdaten. Mit denen würden sie die Auswertungssoftware für den ADM-Aeolus-Satelliten gründlich testen und kalibrieren können. Nach zwei großen Vollkreisen drehte die Falcon 20 auf Heimatkurs.

Startvorbereitungen an der „Falcon“ 20 des DLR. Dahinter die DC-8 der NASA. (#9)

Startvorbereitungen an der „Falcon“ 20 des DLR. Dahinter die DC-8 der NASA. (#9)

Gegen 2 Uhr morgens am 22. Mai 2015 landete D-CMET wieder in Keflavik. Die Mitternachtssonne tauchte kurz hinter den Horizont und bescherte der fünfköpfigen Besatzung einen spektakulären Sonnenuntergang. Dieses Mal funktionierte auch das Hangartor.

Der nächste Schritt in der langfristigen Erforschung der Windsysteme unserer Erde ist dann der Start von ADM-Aeolus Ende 2017. Der Satellit wird in eine Umlaufbahn von Pol zu Pol in 410 Kilometern Höhe einschwenken. An Bord der Raumsonde ist dann das erste von drei Lidaren, die in den nächsten Jahren in den Erdorbit geschickt werden. „Es wird das erste Lidar im Weltraum sein, dass Windgeschwindigkeiten misst“, erklärt Oliver Reitebuch. Der Sensor auf dem Satelliten wird UV-Licht nutzen, um Winde von Höhe Null bis in 30 Kilometer Höhe zu erfassen.

Zwei der geplanten Missionen sind europäische Unternehmen, bei der dritten arbeitet das DLR mit der französischen Raumfahrtbehörde zusammen.


Bildnachweis: © #1 ESA , #2 + #3 + #4 + #5 + #6 + #7 + #9 DLR/Falk Dambowsky, #8 + #11 + #12 + Titelbild + #13 ESA, #10 NASA

Über den Autor

Mein Beruf ist das Schreiben; ich arbeite als freier Journalist, Texter und Buchautor. Das reicht für Leben und Modellbau, also auch für das eigentliche Leben. Beruflich wie als Modellbauer interessiert mich die Luftfahrt, speziell die der großen Luftfahrtländer. Ich baue auch gerne mal etwas, das aus dem Rahmen fällt. Hauptantriebskräfte: Neugier, Kaffee und ein guter Witz.

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