Wie wirkt sich der Luftverkehr auf das Klima in Deutschland aus?

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Seit vielen Jahren führen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam Forschungsflüge zur Erforschung der Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima durch. Im Januar und Februar 2018 trafen sich die Teams beider Organisationen zum ersten Mal zu einer Flugkampagne über Deutschland.

Ausgangspunkt der insgesamt acht Flüge war die Ramstein Air Base in der Pfalz. Die Messflüge selbst führten die Forschungsflugzeuge meist in einen zeitweilig gesperrten Luftraum über Mecklenburg-Vorpommern. „DLR und NASA haben ihre Forschungsressourcen, Flugzeuge und verfügbare Messinstrumente gebündelt, um das Potential von alternativen Kraftstoffen für eine umweltfreundliche Luftfahrt und ihren Einfluss auf die Atmosphäre noch detaillierter zu studieren“, sagt DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. Ziel dieser Kampagne waren Vergleiche in der Abgasentwicklung zwischen konventionellen und alternativen Flugkraftstoffen.

Die DC-8 der NASA im Hangar auf der Ramstein Air Base (#01)

Die DC-8 der NASA im Hangar auf der Ramstein Air Base (#01)

Eine DC-8 und ein Airbus: Deutsch-amerikanische Kooperation mit Basis Ramstein

Das DLR schickte seinen A320-Airbus ATRA. Die Abkürzung steht für „Advanced Technology Research Aircraft“. Es ist das größte Flugzeug der DLR-Flotte. Normalerweise wird der auf dem Forschungsflughafen Braunschweig stationierte Jet nicht für Atmosphärenforschung, sondern eher in der Technologieentwicklung, zur Triebwerksmessung, zur Messung von Schallemissionen, zum Vermessen von Wirbelschleppen oder zu Studien der Innenraumakustik eingesetzt.

Die NASA (National Air and Space Administration) entsandte ihre mit umfangreicher Sensorik bestückte DC-8 für die dreiwöchige Kampagne nach Deutschland. Der vierstrahlige Airliner dient als eine Art fliegendes Labor und sammelte während der Flugversuche Proben aus der Umgebungsluft. „Die NASA könnte diese Forschungsflugmission nicht alleine stemmen“, sagt Bruce Anderson, wissenschaftlicher Leiter der Mission bei der NASA.

„Wir bringen hier beide Forschungseinrichtungen mit ihren Ressourcen und Forschungsinfrastrukturen in einer Weise zur Untersuchung von alternativen Kraftstoffen zusammen, wie es niemals zuvor möglich war.“ Die gemeinsame Forschungsflugkampagne trägt den Namen ND-MAX/ECLIF 2 (NASA/DLR-Multidisciplinary Airborne eXperiments/Emission and CLimate Impact of alternative Fuel).

Der Airbus A320 „ATRA“ des DLR auf dem Vorfeld in Ramstein. (#02)

Der Airbus A320 „ATRA“ des DLR auf dem Vorfeld in Ramstein. (#02)

Messflüge von DLR und NASA über Mecklenburg-Vorpommern

Bei der Versuchsflügen flog nun die deutsche A320 der US-amerikanischen DC-8 voraus. Die A320 war vorher mit mit verschiedenen Kraftstoffmischungen betankt worden. Die DC-8 folgte ihr in sicherem Abstand und maß mit ihrer umfangreichen Sensorausrüstung im Abgasstrahl des Airbus Rußpartikel, Gasemissionen und Eiskristalle im Kondensstreifen. „Wir haben Instrumente zur simultanen Vermessung der Größenverteilung der Ruß-und Eispartikel sowie der gasförmigen Emissionen im Nachlauf des ATRA an Bord der DC8 installiert“, erläutert Dr. Hans Schlager vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. „Der Fokus unserer Messungen liegt darauf, die Emissionen beim Einsatz verschiedener Kraftstoffmischungen zu charakterisieren. Besonders interessiert uns wie sich die Rußemissionen der unterschiedlichen Treibstoffe auf die Strahlungseigenschaften und Lebensdauer der Kondensstreifen auswirken.“

Während der Flugversuche wurden die Emissionen zweiter unterschiedlicher Gemische aus alternativen Treibstoffen und Kerosin in verschiedenen Höhen und bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten gemessen. Auch die Zusammensetzung der entstehenden Kondensstreifen und der aus den Kondensstreifen entstehenden Zirruswolken wurden vermessen.

„Wir haben erfolgreich Messdaten von Emissionen und Kondensstreifen des DLR A320 ATRA gesammelt, während dieser einmal zu Beginn mit klassischem Jet A-1-Kerosin und nachfolgend mit einem Kerosin/Biokraftstoff-Gemisch unter kondensstreifenbildenden und nicht-kondensstreifenbildenden Bedingungen flog“, sagt Dr. Hans Schlager vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. „Außerdem haben wir bereits beim Transitflug von Kalifornien nach Deutschland Messdaten über die Eigenschaften von Zirruswolken gesammelt“, ergänzt NASA-Wissenschaftler Dr. Bruce Anderson.

DLR-Techniker führen eine letzte visuelle Inspektion vor dem Start am DLR-Airbus durch. (#03)

DLR-Techniker führen eine letzte visuelle Inspektion vor dem Start am DLR-Airbus durch. (#03)

Formationsflüge von NASA und DLR

Ein regulärer Forschungsflug begann am Vormittag mit dem Start von der Ramstein Air Base. Die beiden Flugzeuge flogen dann in einigem

Messungen im Abgasstrahl der A320, hier aufgenommen aus dem Cockpit der Falcon 20 D-CMET des DLR. (#06)

Messungen im Abgasstrahl der A320, hier aufgenommen aus dem Cockpit der Falcon 20 D-CMET des DLR. (#06)

Abstand und in der Höhe leicht versetzt hintereinander her, ein Verfahren, das die Besatzungen bereits bei früheren Flugkampagnen praktiziert hatten. In dieser Formation flogen sie dann in den reservierten Luftraum ein, um dort mehrfach einen rennbahnförmigen Rundkurs abzufliegen. Für eine Runde brauchten die Flugzeuge etwa 15 Minuten.

„Nach einer geraden Strecke, bei der wir im Kondensstreifen des A320 fliegen, folgt eine 180 Grad-Kurve, dann tauchen wir mit der DC-8 erneut auf einer geraden Strecke in Abgase und Kondensstreifen ein, bevor die nächste 180 Grad-Wendung folgt“, beschreibt NASA-Testpilot Wayne Ringelberg das Manöver. „Diese Messrunden fliegen wir in der Regel vier bis fünf Stunden, bevor wir den Rückflug nach Ramstein antreten.“

In der Regel landete die DC-8 der NASA kurz hinter der deutschen A320. Auf dem Rollfeld nahmen dann Techniker die letzten Abgasmessungen vor, bevor die beiden Maschinen in den Hangar rollten.

Die A320 flog mit konventionellem Treibstoff, aber auch mit alternativen Kraftstoff-Mischungen, denen Biokraftstoff beigemischt war. (#04)

Die A320 flog mit konventionellem Treibstoff, aber auch mit alternativen Kraftstoff-Mischungen, denen Biokraftstoff beigemischt war. (#04)

Frage für die Forscher: Weniger Ruß durch alternative Kraftstoffe?

Die deutschen und amerikanischen Wissenschaftler gehen der Frage nach, ob bei alternativen Kraftstoff-Mischungen tatsächlich

Die DC-8 der NASA, hier auf ihrem Heimatstützpunkt in Kalifornien, ist. (#07)

Die DC-8 der NASA, hier auf ihrem Heimatstützpunkt in Kalifornien, ist. (#07)

Veränderungen bei den Eispartikeln in den Kondensstreifen führt und somit zu einer geringeren wärmenden Klimawirkung von langlebigen Kondensstreifen beiträgt. „Zudem interessiert uns, ob durch ein zielgerichtetes Fuel-Design bereits bei einer deutlich wirtschaftlicheren Beimischung von 30 Prozent Biokraftstoff die Rußemissionen ähnlich gering ausfallen, wie bei einer 50-prozentigen Zumischung zu klassischem Jet A-1-Kerosin“, erklärt Dr. Patrick Le Clercq vom DLR-Institut für Verbrennungstechnik.

DLR und NASA haben in den vergangenen Jahren bereits eine ganze Reihe von Forschungskampagnen zu alternativen Kraftstoffen durchgeführt. Dabei setzten beide Organisationen eine ganze Reihe von Flugzeugen unter den verschiedensten meteorologischen Bedingungen ein. Zwei Kampagnen fanden 2013 und 2014 in Kalifornien statt. Dabei flog die DC-8 mit alternativen Treibstoffen, während kleinere Jets Messungen im Abgasstrahl durchführten. Dabei kamen eine Dassault Falcon HU-25 der NASA und die Falcon 20 D-CMET des DLR zum Einsatz. Eine dritte Kampagne folgte 2015 unter Leitung des DLR in Deutschland. Dabei wurden nur DLR-Flugzeuge eingesetzt.

Der A320 flog mit alternativen Treibstoffen, während die Falcon 20 des DLR im Abgasstrahl Daten sammelte. Außerdem führten Techniker auch Emissionsmessungen bei Standläufen der Triebwerke am Boden durch.

Der DLR-Airbus D-ATRA deckt ein breites Spektrum an Forschungsaufgaben ab. Normalerweise ist er in Braunschweig stationiert. (#05)

Der DLR-Airbus D-ATRA deckt ein breites Spektrum an Forschungsaufgaben ab. Normalerweise ist er in Braunschweig stationiert. (#05)

DLR und NASA zeigen positive Wirkung alternativer Kraftstoff-Mischungen

Die bisher vorliegenden Ergebnisse aus den bisherigen Forschungskampagnen zeigen eine deutliche Verringerung der Rußemissionen bei alternativen Kraftstoffen, was darauf hinweist, dass diese Treibstoffe die Zahl der Eiskristalle in den Kondensstreifen tatsächlich senken.

„Die geringere Rußemission bei diesen Kraftstoffen ist eine gute Nachricht für die Umwelt, und sie wäre noch besser, wenn die Flugtests bestätigen, dass sich damit auch die Anzahl der Eiskristalle in Kondensstreifen reduzieren lässt“, sagt NASA-Forscher Anderson. DLR-Forscher Dr. Hans Schlager ergänzt: „Diese Frage ist von großer Bedeutung, weil Kondensstreifen und die sich daraus bildenden Zirruswolken vermutlich eine größere wärmende Wirkung auf die Erdatmosphäre haben, als alle über mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre gesammelten Kohlendioxid-Emissionen des Luftverkehrs zusammen.“

Kondensstreifen setzen sich aus vielen kleinen Eispartikeln zusammen. Sie entstehen, wenn Wasserdampf an den Rußteilchen kondensiert, die sich in den Flugzeugabgasen finden. Kondensstreifen können in Höhen zwischen acht und 12 Kilometern bei feucht-kalten Bedingungen über mehrere Stunden existieren. Außerdem können sich aus ihnen so genannte Kondensstreifen-Zirren bilden. Diese Zirren wirken je nach Sonnenstand und Untergrund entweder wärmend oder kühlend.

Sie haben also Auswirkungen auf das Klima; zudem legen die bisherigen Forschungsergebnisse nahe, dass im globalen Maßstab die wärmende Wirkung überwiegt. Alternative Kraftstoffe könnten also möglicherweise dazu beitragen, den von Menschen verursachten Klimawandel zu mildern.


Bildnachweis:©Alle Bilder: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Über den Autor

Mein Beruf ist das Schreiben; ich arbeite als freier Journalist, Texter und Buchautor. Das reicht für Leben und Modellbau, also auch für das eigentliche Leben. Beruflich wie als Modellbauer interessiert mich die Luftfahrt, speziell die der großen Luftfahrtländer. Ich baue auch gerne mal etwas, das aus dem Rahmen fällt. Hauptantriebskräfte: Neugier, Kaffee und ein guter Witz.

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