Härtetest in Nordschweden: H145-Hubschrauber der Luftwaffe üben im Hohen Norden

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Der Norden Schwedens ist im Winter kein besonders gastfreundlicher Ort. Das Wetter ist schlecht, das Land verschneit, und die Tageshelligkeit reicht bestenfalls für kurze Stunden trübes Licht. Die Bären halten Winterschlaf, die Elche stehen meistens unter Bäumen herum und warten darauf, dass es aufhört zu schneien. Also genau die richtige Umgebung, um den neuen Mehrzweckhubschrauber der Luftwaffe auf seine Tauglichkeit für extreme Wetterlagen hin zu testen.

H145M zur Erprobung in Nordschweden

Einer der beiden zur Kälteerprobung nach Nordschweden verlegten H145M beim Tiefflug.

Einer der beiden zur Kälteerprobung nach Nordschweden verlegten H145M beim Tiefflug.

Die H145M LUH von Airbus Helicopters gehören zum Hubschraubergeschwader 64. Sie sollen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte bei ihren Einsätzen in allen Klimazonen unterstützen. Also hat das Hubschraubergeschwader zwei der neuen H145M sowie Soldaten und Ausrüstung für drei Wochen auf den Militärstützpunkt im nordschwedischen Vidsel geschickt, um erste Erfahrungen mit dem Hubschrauber unter polaren Wetterbedingungen zu sammeln.

Getestet werden Material und Ausrüstung, etwa spezielle Abdeckungen für die Hubschrauber, die nach einer Landung in extremer Kälte über die Triebwerke gezogen werden, um zu verhindern, dass die auskühlen. So ist das erneute Hochfahren der Turbinen für den nächsten Start schonender, und die Hubschrauber können über nacht auch im Freien geparkt werden.

Die Besatzungen üben Schneelandungen oder Nachtflüge, die Arbeit mit der Seilwinde und probieren Aluminiumplanken aus, die an den Landekufen befestigt werden, um zu verhindern, dass die H145 nach dem Aufsetzen im Schnee versinkt.

Landung bei „white-out“ erfordert hohe Konzentration der H145M-Besatzung

Der aufgewirbelte Schnee erschwert die Sicht bei der Landung. Das erfordert Konzentration und volle Aufmerksamkeit der Besatzung

Der aufgewirbelte Schnee erschwert die Sicht bei der Landung. Das erfordert Konzentration und volle Aufmerksamkeit der Besatzung

Neben Nacht- und Schlechtwetterflügen stehen auch Schneelandungen auf dem Programm. Sie erfordern besondere Konzentration, denn der Hauptrotor hüllt den einschwebenden Hubschrauber in eine feine Schneewolke. Im Flieger-English und unter Meteorologen heißt dieser Zustand „white-out“. Er tritt in Polargebieten und im Hochgebirge auf.

Dabei sind der Boden und die umgebende Landschaft nur noch schemenhaft zu erkennen. Durch das gedämpfte Sonnenlicht, das vom Schnee diffus reflektiert wird, scheinen sich alle Konturen aufzulösen. Der Horizont verschwindet, Erdboden und Himmel gehen nahtlos ineinander über. Für Menschen scheint die Welt aus einem einzigen, unendlich leeren weiß-grauen Raum zu bestehen. In der Luftfahrt werden auch Situationen, in denen der Horizont durch Nebel, Regen oder Schneefall verschwindet, als „white-out“ bezeichnet.

Aufgesetzt: Ein H145M der Luftwaffe bei der Kälteerprobung im nordschwedischen Vidsel.

Aufgesetzt: Ein H145M der Luftwaffe bei der Kälteerprobung im nordschwedischen Vidsel.

Für Flieger, aber auch für Bergsteiger, besteht nun die Gefahr räumlicher Desorientierung, weil die eigene Position und die Lage des Flugzeuges im Raum nicht mehr sicher eingeschätzt werden kann. Auch die Lage von Hindernissen und die Bodenbeschaffenheit ist nicht mehr eindeutig erkennbar. Im Extremfall können Schwindelgefühle auftreten.

Das Problem ist nun, dass das Gefühl räumlicher Orientierung nicht zu den Anzeigen auf den Instrumenten passt. Allerdings geben die Instrumente korrekte Informationen; wer jetzt also an die Instrumentenflugregeln hält, die Höhe im Blick behält, auf den künstlichen Horizont, Höhenmesser und Richtungsanzeigen achtet, ist auf der sicheren Seite. Von Vorteil ist auch ein visueller Referenzpunkt, der trotz der widrigen Sichtbedingungen zu sehen ist. Eine zweiköpfige Besatzung im Cockpit kann sich außerdem besser helfen als ein einzelner Pilot.

Unterstützung des KSK – Die H145M in der Luftwaffe

Schwerarbeit im Schneetreiben: Der Tactical Operator muss auch bei enormer Kälte seine Winde über längere Zeit bedienen können. Ein in der Kabine verankertes Gurtsystem verhindert, dass er bei seinem Job herausfällt.

Schwerarbeit im Schneetreiben: Der Tactical Operator muss auch bei enormer Kälte seine Winde über längere Zeit bedienen können. Ein in der Kabine verankertes Gurtsystem verhindert, dass er bei seinem Job herausfällt.

Techniker der Luftwaffe bei der Arbeit an einer H145M im Hangar. Techniker der Luftwaffe bei der Arbeit an einer H145M im Hangar.

Zwei H-145M-Maschinen des Hubschraubergeschwader 64 bei den Kältetests in Schweden. Unter der geöffneten Cockpittür ist ein Werfer für Hitzefackeln zur Abwehr von infrarotgelenkten Flugabwehrraketen zu sehen. Zwei H-145M-Maschinen des Hubschraubergeschwader 64 bei den Kältetests in Schweden. Unter der geöffneten Cockpittür ist ein Werfer für Hitzefackeln zur Abwehr von infrarotgelenkten Flugabwehrraketen zu sehen.

Die typische Besatzung einer Luftwaffen-H145M besteht aus drei Fliegern – den beiden Piloten und dem Tactical Operator, der militärische Zusatzausrüstung wie etwa die außen angebrachte Seilwinde und die Bordwaffen bedient.

Zusätzlich zur Besatzung passen bis zu neun weitere Soldaten in den Hubschrauber. Sie können kurz nach der Landung durch die beiden großen Schiebetüren in der Kabine aussteigen, oder aber mit der Seilwinde abgesetzt werden.

Möglich ist auch das Abseilen von beweglichen Auslegern, die durch die geöffneten Kabinentüren nach draußen geschwenkt werden können. Die Kabine ist außerdem durch eine große Hecktür zugänglich.

Neben der Abseilvorrichtung gehören auch Außenlasthaken, Aufklärungssensoren, Panzerung, elektronische Störeinrichtungen und MG-Bewaffnung. Zum Schutz vor Flugabwehrraketen sind Werfer für Hitzefackeln oder Flares installiert.

Die Bewaffnung kann aus leichten MGs, oder aber aus einem mehrrohrigen M134-Gatling Gun bestehen. Möglich ist auch der Einbau von Vorrichtungen für Notwasserungen. Neben dem Transport von Spezialsoldaten kann der Hubschrauber für Aufklärungseinsätze bei Tag und Nacht und zum Ausfliegen von Verwundeten genutzt werden.

Die Luftwaffe erhält insgesamt 15 Maschinen. Sie werden vom 2010 aufgestellten Hubschraubergeschwader 64 in Laupheim geflogen. Der Verband war zunächst mit der Bell UH-1D ausgerüstet, erhielt dann einige NH-90, die aber mit den Bells zur Jahreswende 2012/2013 ans Heer abgegeben wurden.

Im Gegenzug erhielt das Hubschraubergeschwader 64 erst die CH-53 der Heeresflieger und bis Mitte 2017 die Unterstützungshubschrauber vom Typ H145M.


Bildnachweis: © alle Johannes Heym/Luftwaffe

Über den Autor

Mein Beruf ist das Schreiben; ich arbeite als freier Journalist, Texter und Buchautor. Das reicht für Leben und Modellbau, also auch für das eigentliche Leben. Beruflich wie als Modellbauer interessiert mich die Luftfahrt, speziell die der großen Luftfahrtländer. Ich baue auch gerne mal etwas, das aus dem Rahmen fällt. Hauptantriebskräfte: Neugier, Kaffee und ein guter Witz.

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