Rheingau Musik Festival 2017: Fluglärm-Gegner aus Mainz siegen vor Gericht

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Der Flughafen Frankfurt am Main (FRA), betrieben von der Fraport AG, ist der größte deutsche Verkehrsflughafen. Mit insgesamt 60,8 Millionen Passagieren 2016 ist er nach London-Heathrow, Paris-Charles de Gaulle und Flughafen Amsterdam Schiphol der viertgrößte europäische Flughafen und ist eines der weltweit bedeutendsten Luftfahrtdrehkreuze.

Hinter diesen Zahlen verstecken sich auch Fluglärm an vielen Stunden des Tages. Fluglärmgegner aus der Region Frankfurt, Mainz und Wiesbaden benutzen das Rheingau Musik Festival 2017,  gerne als öffentlichkeitswirksame Plattform für ihren Protest.

Bürger protestieren gegen den Flugverkehr

Dies sind beeindruckende Zahlen – doch gegen die zahlreichen Flugbewegungen gibt es vor allem im Raum Mainz heftige Aversionen: Die Initiative gegen Fluglärm Mainz hat sich das Ziel gesetzt, aktiv gegen den Fluglärm in Mainz und der gesamtem Rhein-Main-Region vorzugehen, zumal auch noch das Nachtflugverbot zu kippen droht. Die hessische Landesregierung müsse mit ihrem Bestreben, das in einem Mediationsverfahren vereinbarte Nachtflugverbot zu kippen, als besonders skrupellos hervorgehoben werden, so die Fluglärm-Gegner.

Konzentriertes und kreatives Arbeiten sei bei dem stetigen Lärm, den der Flughafen in umliegenden Gebieten verursache, kaum noch möglich: Von 5:00 Uhr morgens bis 23:00 Uhr in der Nacht dröhne und heule es im Minutentakt – eine unerträgliche Belastung für die dortigen Anwohner.

Wirbelschleppen belasten die Anwohner zusätzlich

Doch nicht nur der Lärm macht den Menschen rund um Mainz das Leben schwer, besonders in Flörsheim und Raunheim besteht im Frühjahr und Sommer bei häufig vorkommenden leichten Ostwinden die Gefahr von sogenannten Wirbelschleppen, die durch schwere Maschinen beim Landeanflug ausgelöst werde, beklagen die Initiativen-Vertreter. Seit der Eröffnung der Landebahn Nordwest seien dadurch allein in Flörsheim mehr als 20 Wirbelschleppenschäden eingetreten.

Forderungen der Fluglärm-Gegner

Konkrete Forderungen der Fluglärm-Gegner sind eine Deckelung der Flugbewegungen bei 350.000 pro Jahr, ein absolutes Nachtflugverbot von 22:00 bis 06:00 Uhr, ein klares Nein zu dem weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens und einer Schließung der Nord-West-Bahn. Dadurch soll eine deutliche Verbesserung für Menschen in der Region erreicht werden.

Lärm hat unerträgliches Maß erreicht

Dass die Zunahme des Fluglärms in Mainz und großen Teilen Rheinhessens ein erträgliches Maß überschritten habe, beklagt die Initiative schon seit Langem: Im Tiefflug würden ohne Rücksicht auf Verluste eine dicht besiedelte Großstadt mit Kliniken, Kindergärten, Seniorenwohnheimen, Schulen und Universität attackiert – Mainz und die umliegenden Gebiete versänken geradezu im Getöse der Triebwerke.

Grundstückspreise würden fallen und zugehörige Immobilien massiv an Wert verlieren, so die Fluglärm-Gegner. Das Grundrecht der Anwohner auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 GG) werde zudem torpediert. Deshalb würden aus der Gegend immer mehr Menschen wegwollen, als dass sie zuziehen: „Diejenigen, die es sich leisten können, gehen einfach weg, aber weniger mobile Bürger oder Eigentümer, die sich einen Verkauf ihrer Immobilie unter Preis nicht leisten können, seien die Leidtragenden und müssten unter dem Lärmteppich verbleiben“, machen die Vertreter der Initiative geltend.

Rheingau Musik Festival im Fokus der Lärm-Gegner

Um noch mehr Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu erzeugen, hat die Initiative schon seit Längerem das Rheingau Musik Festival im Fokus. Dieses findet 2017 bereits zum 30. Mal in der Region Wiesbaden, Mainz, Bad Homburg sowie diversen weiteren Spielorten statt. Bei den Veranstaltungen im 24. Juni bis 2. September werden an 42 Spielstätten insgesamt 155 Konzerte von Klassik bis Jazz gezeigt – es sind für einige Events noch Karten verfügbar (rheingau-musik-festival.de).

Hierfür konnten in der Vergangenheit einfach schon mal Flugrouten verlegt werden, wie die Fluglärm-Gegner in Erfahrung gebracht haben und in der Öffentlichkeit auch deutlich dargelegt haben. Außerdem hatte die Initiative gegen Fluglärm Mainz Pianisten in Briefen vor Fluglärm gewarnt.

Unterlassungsklage gegen die Fluglärm-Gegner

Gegen diese Aussagen der Fluglärm-Gegner sowie gegen die Warnungen in Schreiben an die Pianisten hatte das Klassik-Festival mit Sitz in Oestrich-Winkel (Rheingau-Taunus) am 28. Juli 2016 eine Unterlassungsklage gegen die Initiative gegen Fluglärm Mainz e.V. erhoben. Die Aktionen der Fluglärmgegner wurden als geschäftsschädigend betrachtet.

Konkrete Forderungen der Fluglärm-Gegner sind eine Deckelung der Flugbewegungen bei 350.000 pro Jahr, ein absolutes Nachtflugverbot von 22:00 bis 06:00 Uhr, ein klares Nein zu dem weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens und einer Schließung der Nord-West-Bahn. (#01)

Konkrete Forderungen der Fluglärm-Gegner sind eine Deckelung der Flugbewegungen bei 350.000 pro Jahr, ein absolutes Nachtflugverbot von 22:00 bis 06:00 Uhr, ein klares Nein zu dem weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens und einer Schließung der Nord-West-Bahn. (#01)

Landgericht Mainz weist Klage ab

Im April 2017 wurde die Klage der Rheingau Musik Festival Konzertgesellschaft mbH gegen die Fluglärm-Gegner auf Unterlassung der Behauptungen jedoch schließlich in vollem Umfang vom Mainzer Landesgericht kostenpflichtig zu Lasten des Rheingau Musik Festivals abgewiesen.

Die Fluglärm-Gegner dürfen laut höchstrichterlichem Spruch auch weiterhin behaupten, dass es aufgrund der Lärmsituation in den Regionen Rheingau, Wiesbaden und Mainz nicht mehr möglich sei, kulturelle Events als Open Air-Konzerte oder in nicht schallgedämmten Gebäuden ungestört zu genießen.

Außerdem dürfen sie weiterhin behaupten, dass aufgrund der Verflechtungen zwischen Rheingau Musik Festival, Luftverkehrswirtschaft, Hessischer Landesregierung und Deutscher Flugsicherung es durchaus möglich sei, für die Zeit der Konzertaufführungen Flugrouten zu verlegen, um die Aufführungen nicht zu stören und dass dies in der Vergangenheit praktiziert worden ist.

Fluglärm-Gegner zeigen Präsenz

Nicht nur bei der mündlichen Verhandlung haben Fluglärm-Gegnerinnen und -gegner aus der Region teilgenommen. Auch vorher waren sie an einem Informationsstand vor dem Gerichtsgebäude präsent. Ebenso erregte der Prozess große Aufmerksamkeit bei der Presse: Weil so viele Medienvertreter gekommen waren, musste das Gericht die Verhandlung kurzfristig in einen größeren Sitzungssaal verlegen.

Am 13. April 2017 um 11 Uhr fiel die Entscheidung des Gerichts: Die Klage wurde in vollem Umfang abgewiesen. Die Initiative zeigte sich erleichtert: „Es war wichtig und richtig, dass sich unser Verein erfolgreich gegen die Klage verteidigt hat. Die Aussagen, die uns das Rheingau Musik Festival untersagen wollte, betreffen Kernthemen der Auseinandersetzung um den Flughafenausbau, nämlich die massive Einschränkung der Lebensqualität in unserer Region“, heißt es auf ihrer Webseite fluglaerm-mainz.info.

Weitere Mahnwache der Fluglärm-Gegner

Auch bei der Eröffnung des Rheingau Musik Festivals 2017 traten die Kritiker wieder öffentlichkeitswirksam auf: Am Samstag, 24. Juni 2017, wurde dort von 16:00 Uhr – 18.45 Uhr die bereits die 4. Mahnwache vor dem Kloster Eberbach anlässlich der Eröffnung des RMF abgehalten. Hier sieht die Initiative eine große Chance, ihre Anliegen bezüglich der in ihren Augen ausufernden Belastung durch Fluglärm durch den Frankfurter Airport vor Gästen aus Deutschland und ganz Europa zu zeigen.

Festival als Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen

Der Protest der Fluglärm-Gegner richte sich ausdrücklich nicht gegen das Rheingau Musik Festival an sich, wird auf der Webseite deutlich: Es sei ein Protest gegen die Mitglieder des Kuratoriums, die den Ausbau des Frankfurter Flughafens politisch durchgesetzt haben sowie Vertreter der beiden die Sponsoren Lufthansa AG und Fraport AG, die „keine Skrupel hätten, sich beim Rheingau Musik Festival als Menschenfreunde, Gönner schöner Künste und Wohltäter ehren zu lassen“.

Gleichzeitig litten die Anwohner der Rhein-Main-Region durch ihre Flughafen-Ausbau-Politik 18 Stunden lang am Tag ohrenbetäubendem Fluglärm und Bürger würden einem täglichen C02-Ausstoß von 900 000 Litern Kerosin ausgesetzt.

Jobmaschine Flughafen in Wirklichkeit „Jobkiller“

Die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiative sind sich sicher: Die von offizieller Seite vielbeschworene Jobmaschine Flughafenausbau ist in der Realität ein Jobkiller für Mainz und die Region. Denn wer wolle schon in einer Gegend wohnen und arbeiten, in der die gesundheitlichen Risiken des Fluglärms so drastisch sind: Laut Initiative treten sie in Form von Schlafstörungen und Stresssymptomen bis hin zur Aggressivität auf. Die Leidtragenden seien außerdem vor allem Kinder, weil sie tagsüber und abends nicht einschlafen könnten und in ihrer Entwicklung dauerhaft geschädigt würden.

Video: Neue Fluglärmstudie

Geänderte Flugrouten in der Vergangenheit

Die Fluglärm-Gegner dürfen also nach diesem höchstrichterlichen Spruch auch weiterhin bei ihrer Aussage bleiben: Flugrouten können bei Bedarf geändert werden. Die Fluglärm-Gegner betonen daher auch wiederholt, dass ein Vertreter des Rheingau Musik Festivals gegenüber dem Hessischen Rundfunk im Jahr 2012 eingeräumt hatte, dass Flugrouten geändert wurden, um Konzerte nicht zu stören.

Ebenso hatte laut Initiative auch die Deutsche Flugsicherung dies bereits vor mehreren Jahren zugestanden. Dass diese Praxis 1999 tatsächlich beendet worden sei, wie viele Beteiligte behaupten entspricht wohl nicht der Wahrheit: Die Initiative gegen Fluglärm Mainz widersprach und belegte dies im Prozess der von der Rheingau Musik Festival Konzertgesellschaft mbH angestrengten Unterlassungsklage mit Fakten – auch 1999 seien tatsächlich noch Konzerte umflogen worden.

Fluglärm-Gegner triumphieren

Unbequeme Wahrheiten über die Lärmbelastung in der Region und die von ihnen angeprangerte Verfilzung zwischen RMF, Luftverkehrswirtschaft und Hessischer Landesregierung dürfen nun weiterhin verbreitet werden: Den Mainzer Fluglärm-Gegner können triumphieren. Ob eine Revision angestrebt wird, ist derzeit noch unklar.


Bildnachweis: © Initiative gegen Fluglärm Mainz e.V. / Klaus Willinski

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